5. Nordraumtreffen der Sudetendeutschen in Trappenkamp
Aufstieg und Ende der Gablonzer Glasindustrie in Gablonz
und Trappenkamp
In seinem Grußwort an die Versammlung machte der Bundesgeschäftsführer der Sudetendeutschen Landsmannschaft aus München, Christoph Lippert, auf eine interessante Veränderung im gegenwärtigen deutsch-tschechischen Verhältnis aufmerksam: Es gäbe derzeit viele gemeinsame Veranstaltungen, die Hoffnung machten, dass die Gegensätze überwunden werden. Da nach der Erlebnisgeneration nun jüngere Menschen die gemeinsame Geschichte aufarbeiten, könnte Lipperts Version bald eintreten nämlich, dass die Benes-Dekrete fallen und sogar doppelsprachige Ortsschilder eingeführt werden, wie es z.B. in den sorbischen Gebieten auch der Fall ist.
Ernst, aber voll Hoffnung: Bundesgeschäftsführer
Christoph Lippert bei seinem Grußwort
Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand dann ein bebilderten Vortrag über die Glasindustrie in Gablonz und Trappenkamp, den Walter Holey (86) erarbeitet hatte. Er war als 18-Jähriger von Gablonz nach Trappenkamp vertrieben worden und hatte genaue Kenntnisse über die Glasindustrie, die sein Vater Josef Holey in Zusammenarbeit mit anderen Gablonzern im damaligen Marinesperrwaffenarsenal Trappenkamp aufgebaut hatte. Da der Autor gesundheitlich verhindert war, trug Dirk Hannich-Daniels vom Sudetendeutschen Kulturwerk den Vortrag vor. Er begann mit einer ausführlichen Darstellung der Entwicklungsgeschichte von Gablonz ab 1396, das zweimal völlig zerstört wurde.
Josef Holey beim sogenannten Drücken von
Glasknöpfen
Der Vortrag führte dann in die 40er und 50er Jahre, als Trappenkamp mit seiner Gablonzer Glas- und Schmuckwarenindustrie aufblühte und als Gemeinde selbständig wurde, denn im November 1945 begann für den Vater von Walter Holey, Josef Holey, das "Abenteuer Trappenkamp": Er erhielt erste Kenntnis vom ehemaligen Marinesperrwaffenarsenal Trappenkamp. Trappenkamp, das erkannte Josef Holey bei seinem ersten Besuch sofort, war für die Ansiedlung der Gablonzer Glas- und Schmuckwarenindustrie bestens geeignet. Im Sommer 1946 wurde ihm in Trappenkamp der Bunker G3 zugewiesen. Dort errichtete er eine Glas-Druckhütte, in der noch im Verlaufe des Jahres 1946 die Erzeugung von Glasknöpfen aufgenommen wurde.
Bis zur Währungsreform florierte die Firma von Josef Holey und war von den 40 Betrieben in Trappenkamp das größte Unternehmen. Holeys Betrieb beschäftigte in acht Bunkern 54 Leute, darunter 12 Drücker, 6 Säumer, 14 bis 16 Scherer, vier Hilfsarbeiter, zehn Heimarbeiter, zwei Kontorkräfte, einen Buchhalter und seinen Sohn Walter als Betriebstechniker. Nach der Währungsreform zeichnete sich jedoch schon ein Niedergang der Glasindustrie ab und manche Fachkräfte wanderten nach Kaufbeuren ab.
Frau Ingrid Langhans aus Trappenkamp vor einem
Stand mit sudetendeutscher Lektüre
Nach dem Vortrag und einem vorzüglichen Bratkartoffelbüffet, das das Sportlerheim geliefert hatte, wurde der Museumsbunker besucht, in dem noch viele Relikte aus der Zeit der florierenden Glasindustrie Trappenkamps aufbewahrt werden.
Umrahmt wurde die Veranstaltung mit Liedern des Rönnauer Singkreises unter Leitung von Didji Podszus. Außerdem bereichert eine kleine, sehr übersichtlich gestaltete Kunstausstellung von Christine Schreitling und Miriam Petersen das Treffen.
Ein Teil der Kunstausstellung von Christine Schreitling
und Miriam Petersen
Das 5. Nordraumtreffen offenbarte durch die geringe Teilnehmerzahl
(40), dass der Inhalt vielleicht zu sehr auf Trappenkamp fixiert war und andere
Sudetendeutsche nicht so sehr ansprach. Sicherlich ist es inzwischen auch so,
dass für die Erlebnisgeneration der Vertreibung das Reisen immer beschwerlicher
wird und bei den nachfolgenden Generationen ein Interesse kaum geweckt worden
ist.