Erwin Zimmermann †


Mit Erwin Zimmermann jun. ist am 2. Dezember 2012 einer der letzten Zeitzeugen verstorben, die die Anfänge Trappenkamps als Standort der Gablonzer Glasindustrie noch miterlebt, das Handwerk für diesen Industriezweig erlernt und ausgeführt haben. Vater Erwin Zimmermann und dann Sohn Erwin betrieben eine Glashütte in dem großen Gebäude (Nr.3 der K-Schneise des Marine-Sperrwaffenarsenals), das heute in der Kieler Straße rechts vom Restaurant "Feuerstein" steht, ehemals auch Radio Schmidt beherbergte.


Das Gebäude der Zimmermannschen Glashütte an der K-Schneise (heute Kieler Straße) in Trappenkamp

Die Zimmermanns gehören allerdings nicht zu den "Ureinwohnern" Trappenkamps, wie zum Beispiel Joseph Holey, der bereits 1946 als einer der Ersten die Ansiedlung der Gablonzer Schmuck- und Glasindustrie in den Gebäuden des ehemaligen Marine-Sperrwaffenarsenals vorbereitete und vorantrieb. Die Eltern Erwin und Magda Zimmermann besaßen bis zur Vertreibung 1946 eine Glashütte in der Gemeinde Kukan (heute Kokonin) im damaligen böhmischen Landkreis Gablonz an der Neiße. Hier wurde Erwin jun. am 9. August 1932 geboren. Vater Erwin geriet in französische Kriegsgefangenschaft und wurde als sogenannter Freiarbeiter in Ambert westlich von Lyon eingesetzt. Hier baute er aufgrund seines Fachwissens eine Glashütte auf (ca. 1948 bis 1952). Und hier erlernte Sohn Erwin auch das Handwerk des Glaswarenerzeugers.


Erwin Zimmermann jun. (vorn) 2011 im Trappenkamper Museumsbunker
bei Erläuterungen zur Glasveredlung

Danach zog der Vater nach Trappenkamp, denn die sudetendeutsche Gemeinschaft im Ortsteil Trappenkamp der Gemeinde Bornhöved hatte zu dieser Zeit eine florierende Glasindustrie aufgebaut. Sohn Erwin arbeitete zunächst in Frankreich weiter und fand dort seine Frau Maria. In der heutigen Kieler Straße in Trappenkamp errichtete Vater Erwin als Hüttenfachmann 1954 in dem 200 m² großen, ehemaligen Munitionsarbeitshaus ( MU 3) erneut eine Glashütte, die weißes und buntes Stangenglas produzierte. Es erforderte viel Erfahrung und handwerkliche Kunst, farbiges Glas herzustellen - insbesondere für Nachbestellungen, die keine Farbnuancen zeigen durften. Erfolgreich versorgte die Zimmermannsche Hütte die Gablonzer Schmuckerzeuger mit dem nötigen weißen und buntes Stangenglas, mit Pressglas und sogenanntem Hüttendruck (Wachteln) für Lüsterbehang. Hauptabnehmer waren die Firmen von Josef Holey und Roman Reckziegel. Mit der Produktion von monatlich 7 Tonnen Rohstoff war die Versorgung der Betriebe jedoch erreicht, eine Rentabilität der Glashütte setzte aber mindestens 8 Tonnen pro Monat voraus. Als weiteren Abnehmer für Stangenglas gründete deshalb Zimmermanns Schwiegersohn Oswald Strinzel einen zusätzlichen Betrieb für Gablonzer Schmuckwaren.


Erwin Zimmermann jun. (links) vor 50 Jahren beim Glasziehen.
Dabei wurden 15 kg rotglühende Glasmasse aus dem Ofen genommen
und zu einem bis zu 5 m langen Strang gezogen

Vater Erwin war natürlich auch in der Sudetendeutschen Landsmannschaft in Trappenkamp aktiv und seit Gründung des Sudetendeutschen Kulturwerks (SKW) 1957 hier als Schatzmeister tätig. 1961 übernahm er auch kurzzeitig den Vorsitz des SKW von Dr. Gerhard Gerlich. Hauptaufgabe des SKW war es, den damaligen kulturellen Mittelpunkt Trappenkamps, das "Haus der Heimat", zu erwerben, zu verwalten und mit Leben zu erfüllen. Als Mitglied im CDU-Vorstand und im katholischen Kirchenvorstand hatte Vater Erwin Zimmermann erheblichen Einfluss im politischen Leben Trappenkamps.

1961 ereilte Vater Erwin Zimmermann jedoch das Unglück, dass er beim Segeln auf dem nahen Stocksee ertrank. Um die väterliche Glashütte zu übernehmen, zog Sohn Erwin nun nach Trappenkamp und setzte die Glasproduktion fort. Allerdings hatte der Niedergang der Gablonzer Glasindustrie in Trappenkamp eingesetzt. Viele Betriebe und Fachleute siedelten nach Süddeutschland in den Raum um Kaufbeuren um. In den 60er Jahren produzierte die Zimmermannsche Hütte nur noch für einige Wochen im Jahr. Schließlich wurde die Hütte 1965 geschlossen und das Gebäude vermietet, bis es an Maler Buzalski verkauft wurde. Nach dieser Episode arbeitete Erwin Zimmermann jun. zunächst in der Textil- und Baustoffindustrie und beendete seine berufliche Tätigkeit als Pfleger in der Ricklinger Diakonie. Erwin Zimmermann (80) hinterlässt mit Ehefrau Maria vier Kinder, sechs Enkel und einen Urenkel. (k.d.)

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